Lokale Elektrizitätsgemeinschaft (LEG)
Voraussichtlich ab Frühling 2025 haben (private) Elektrizitätsproduzenten von erneuerbarer Energie, Speicherbetreiber und Endverbraucher die Möglichkeit sich als sogenannte Lokale Elektrizitätsgemeinschaft (LEG) innerhalb der Grenzen einer Gemeinde zusammen-zuschliessen. Und das Interessante dabei ist, sie dürfen hierfür die Netzinfrastruktur der bestehenden Stromverteilung nutzen; selbstverständlich gegen eine Nutzungsgebühr. Letzteres hat ganz viel mit Wirtschaftlichkeit und technischer Machbarkeit zu tun.
Vielmehr Strom aus erneuerbaren Energien
Im «Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung aus erneuerbaren Energien» – über das wir im Juni 2024 abstimmen – werden konkrete und verbindliche Ziele für die Elektrizitätsproduktion aus erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Biomasse, aber ohne Wasserkraft) von 35 TWh (Terra-Wattstunden) bis 2035, resp. 45 TWh bis 2050 festgelegt. Das ist rund 6mal mehr als heute!
Das Modell der LEG ist ein Instrument von vielen, das wirtschaftliche und ökologische Anreize schaffen soll zur Produktion von mehr erneuerbaren Energien. Das generelle Motto lautet: Der erneuerbare Strom soll dort produziert werden wo er verbraucht wird.
Was sind die Voraussetzungen für LEG’s?
Die teilnehmenden Parteien (Produzenten und Verbraucher) müssen sich im gleichen Netzgebiet und in der gleichen politischen Gemeinde befinden, zudem auch auf der gleichen Netzebene. Die Leistung der Erzeugungsanlagen in der LEG muss mindestens 20 Prozent der Anschlussleistung aller teilnehmenden Endverbraucher betragen. Der in einer LEG gehandelte Strom ist selbst erzeugt und profitiert von einem reduzierten Netznutzungstarif.
In der Verordnung zum Stromversorgungsgesetz – die bereits in der Vernehmlassung ist, werden noch viele Details zu präzisieren sein. Zum Beispiel die geografischen und wirtschaftlichen Parameter wie auch das Verhältnis der LEG-Teilnehmer untereinander und gegenüber dem Netzbetreiber.
Wer kann einen LEG initiieren?
Die Initiative kann von privater Seite ergriffen werden. Zum Beispiel durch einen Landwirt der auf seinem Scheunendach Solarstrom produziert und diesen über das öffentliche Netz direkt in die nahe gelegene Schreinerei verkauft Aber auch das lokale Elektrizitätswerk kann einen LEG ins Leben rufen um seine eigenen PV-Anlagen (z.B. auf dem Schulhaus und dem Werkhof) besser zu vermarkten.
Unter Beachtung der rechtlichen, technischen (z.B. Smart Meter) und wirtschaftlichen (z.B. Gebühr Netznutzung) Vorgaben, organisiert sich die LEG selber als Unternehmen.
Wer macht die Messungen und Abrechnung?
Das Gesetz sieht vor, dass die notwendigen Messungen – mit der entsprechenden Infrastruktur mittels Smartmeter – vom Netzbetreiber durchgeführt werden müssen. Alle anderen technischen Installationen und der Einsatz spezifischer Software für die Regelung, Optimierung und Abrechnung bleibt der Gemeinschaft überlassen. Verschiedene Firmen sind bereits an der Entwicklung der notwendigen Hard- und Software wie auch der zugehörenden Dienstleistungen. Viele Firmen haben ihr Know-how in ZEV-Projekten (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) testen und etablieren können und sind breit neue Modell von LEG’s voran zu treiben.
Was ist anderes als der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV)?
Seit rund 10 Jahren sind ZEV-Modelle möglich und werden auch rege praktiziert. Aber ein ZEV benötigt eigene physische Leitungen und darf hierzu das öffentliche Netz nicht nutzen. Deshalb ist hier der Einsatz in erster Priorität auf Neubauten resp. Neubauquartiere eingeschränkt.
Höhere Zahlungsbereitschaft – Chancen für die Netzbetreiber
Für die bestehenden lokalen Netzbetreiber bringt die Gesetzgebung einiges an Neuerungen, nicht immer zu ihrem Vorteil. Aber statt das schwindende Markpotential zu bedauern, können sie sich nach vorne orientieren und entwickeln mit interessierten Produzenten und Verbrauchern neue nachhaltige Geschäftsmodelle. Eine höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden für lokalen Strom kann, wie bei vielen Lebensmitteln, erwartet werden.
Ja zum Mantelerlass am 9. Juni 2024?
Das «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» (Mantelerlass) schafft wichtige Grundlagen für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung in der Schweiz. Mit dem neu eingeführten Art. 17bbisa StromVG wird die Basis für lokale Elektrizitätsgemeinschaften «LEG» geschaffen.
Weil das Referendum zum Mantelerlass ergriffen wurde, stimmen wir auf nationaler Ebene am 9. Juni ab. Aus energiepolitischer Sicht ist ein Ja zum Mantelerlass sinnvoll.
Beitrag von Andreas Baumgartner, Energieexperte und Volunteer